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Über DS Allen
Der aus London stammende Fotograf DS Allen, geboren 1961 im Jahr des Mauerbaus, lernt die Stadt erst kennen, als die Mauer schon gefallen war. Aus sporadischen Besuchen ergeben sich längere Aufenthalte. Heute wohnt der Künstler in Berlin, genauer: Ost-Berlin, Prenzlauer Berg. Hier ist er auch meist mit der Kamera unterwegs, wenn er Berlin zum Fokus seiner fotografischen Erkundungen macht. DS Allen fotografiert mit Weitwinkel, analog und schwarz-weiß. Sein ästhetisches Programm umfasst pointierte Helldunkel-Kontraste, das Spiel mit Licht und Schatten, mit geraden und schrägen Linien, mit planen Flächen und spitzen Winkeln, mit komplexen, die materielle Erscheinung der Dinge hervorkehrenden Mustern und mit linearen Strukturen aus Natur und Stadtgefüge. Straßenfotografie? Stadtfotografie? Beides trifft nicht genau den Kern seiner Lichtbildnerei. Fast immer fotografiert DS Allen auch den Himmel. Denn nicht das Treiben auf der Straße steht im Zentrum, sondern der nach oben offene Straßenraum. Er nimmt die Perspektive eines Kindes ein, dem alles groß erscheint und hoch: nicht geradeaus, sondern hoch hinaus, die Neugierde im Blick als Antriebsmittel. Auch als Stadtfotografie lassen sich die Aufnahmen von DS Allen nur beschränkt begreifen, wenn dafür die topographische Erfassung als Wesensmerkmal gelten soll. Seine Standorte lassen sich selbst für Berlin-Kenner nur schwer erschließen. Es geht dem Fotografen um Lebensgefühl und Stimmungsbild. Meist richtet DS Allen den Blick schräg über die Straßenebene hinaus nach oben. Sind Gebäude weit weg, nimmt der oft wolkenlose Himmel den größten Teil des Bildes ein, umfängt die Architektursilhouette oder breitet sich weitgreifend über sie aus. Oder der Himmel wird zum Fond für das zeichenhafte Zusammenspiel aus Schildern, Hochleitungen und Laternen. Manches Foto erreicht einen hohen Grad an Abstraktion, bei dem nur strukturelle Details eine visuelle Anbindung an die Wirklichkeit herstellen. Selten bietet sich eine direkte Straßenszenerie, auch diese vielschichtig komponiert aus bestimmten Gegebenheiten von Raum und Ort, Tages- und Jahreszeit, von Standpunkt und Blickfeld. DS Allens Kompositionskunst lenkt den Blick in Risse und Brüche, Wunden und Schneisen. Er führt das Ungeplante und Offene vor, das bisweilen Machtvolle und planvoll Monumentale der Steingebirge, dass gepaart ist mit den bizarren Strukturen einer kahlen Vegetation. Die konzentrierte und konsequente Gestaltung in der Fotografie von DS Allen ermöglicht einen bemerkenswert ungewöhnlichen Blick auf Berlin, für den diese Stadt mit Sicherheit auch in Zukunft immer wieder Anregungen geben wird. Michael Nungesser |